ZENTRUM FÜR AUGUSTINUS-FORSCHUNG

AN DER JULIUS-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT WÜRZBURG

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Fecisti nos ad te, domine, et inquietum est cor nostrum donec requiescat in te.

Confessiones 1,1

Geschaffen hast du uns auf dich hin, o Herr, und unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in dir.

Bekenntnisse 1,1

Liebe Besucherinnen und Besucher unserer Augustinus-Homepage,
liebe Freundinnen und Freunde der Würzburger Augustinus-Forschung,

dieser Tage – genauerhin am 28. August – erinnert uns der altehrwürdige Heiligenkalender in besonderer Weise an Augustinus von Hippo. Damit die Erinnerung an diesen epochalen Philosophen, Theologen und Kirchenmann nicht nur im Zeichen von Weihrauch oder Museumsstaub steht, stellt sich nicht nur am 28. August eines jeden Jahres die Frage, welche Gedanken der augustinischen Theorien, welche Impulse der augustinischen Spiritualität und welche Aspekte der augustinischen Biographie uns Zeitgenossen des 21. Jahrhunderts noch anzurühren vermögen. Das Zentrum für Augustinus-Forschung an der Universität Würzburg hat sich zum Programm gemacht, insbesondere die wissenschaftliche Relevanz dieses spätantiken Menschen auszuwerten und aufzuzeigen. Da Theorie und Praxis bei Augustinus aber eine ineinander verflochtene Einheit darstellen, fördert die Beschäftigung mit dem geistigen augustinischen Erbe auch so manchen existenziellen und religiösen ‹Kollateralnutzen› zutage.

Zurzeit geht in vielen Gesellschaften und Staaten weltweit die Angst um: speziell die Angst vor Anschlägen, vor sozialen Konflikten, gar vor Krieg. Vor diesem aktuellen Hintergrund lohnt vielleicht ein Blick auf die ‹Angsttheorie› Augustins: Angst ist in den Augen dieses Existenzdenkers für ein endliches Lebewesen zunächst ein (über)lebensnotwendiges Signal, in seiner Existenz gefährdet zu sein, und darüber hinaus ein Antrieb, Augen, Herz und Hirn auf die drohende Gefahr und zumal auf die Gefahrenbewältigung zu richten. Der Mensch in seiner Geistigkeit erfährt seine Daseinsgefährdung, letztlich seine Endlichkeit und Sterblichkeit, freilich noch weit tiefer und grundsätzlicher. Von seiner elementaren Angst vor der eigenen Endlichkeit kann ihn Augustinus zufolge nur die rettende Beziehung zum Unendlichen befreien – alle Versuche, mit fremder oder eigener innerweltlicher Brillanz, Macht oder Leistung der Lebensangst Herr zu werden, sind nur kurzfristige Beschwichtigungen und à la longue zum Scheitern verurteilt. Diese allein rettende Beziehung zum Unendlichen heißt für den Philosophen Augustinus ‹Liebe – caritas› und ist für den Christen und Theologen Augustinus letztlich identisch mit Gott selbst.

Womöglich kann diese augustinische Spur uns Heutigen einen Hinweis bieten, wie wir mit unseren eigenen Ängsten, mit unserer eigenen existenziellen Urangst umgehen können: sie in ihrer Warnfunktion ernstnehmen, uns jedoch nicht zu ihrem Sklaven machen, sondern ihr aus und in der Kraft der Liebe begegnen und ihr so ihren quälenden Stachel ziehen! Vielleicht nehmen wir uns in den Tagen um das Gedenkfest Augustins ein wenig Zeit, um diese oder jene ausgewählte augustinische Reflexion über Angst und Liebe zu bedenken und ihrer Wahrheitsspur nachzuspüren.

 

timor seruus est, caritas libera est; et ut sic dicamus, timor est seruus caritatis.

Die Angst ist sklavisch, die Liebe ist frei – ja wir können sagen: die Angst ist die Sklavin der Liebe.

 s. 156,14

 

quantum enim crescit caritas, tantum minuitur timor. crescente quippe caritate secura fit anima; ubi autem plena securitas, nullus est timor.

In dem Maße nämlich die Liebe wächst, schwindet die Angst. Wenn freilich die Liebe wächst, ist die Seele in Sicherheit; wo aber völlige Sicherheit herrscht, gibt es keine Angst.

 s. Mai 14,2

 

iam intus filii sunt, securi sunt: uolarunt de nido timoris, uolarunt in caelestia, uolarunt in aeterna; iam nihil metuunt temporale.

(Die Gott vertrauen) sind innerlich schon Kinder (Gottes), und sie sind in Sicherheit: Sie fliegen fort vom Nest der Angst, sie fliegen in den Himmel, sie fliegen zum Ewigen; sie fürchten nichts Zeitliches mehr.

en. Ps. 147,14