ZENTRUM FÜR AUGUSTINUS-FORSCHUNG

AN DER JULIUS-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT WÜRZBURG

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Fecisti nos ad te, domine, et inquietum est cor nostrum donec requiescat in te.

Confessiones 1,1

Geschaffen hast du uns auf dich hin, o Herr, und unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in dir.

Bekenntnisse 1,1

Ehrlicher und konstruktiver Umgang

Neutestamentler Ebner deutet Kritik an Pharisäern bei Matthäus als Spiegel für Autoritäten der frühchristlichen Gemeinde – Auftakt zum Augustinus-Studientag des ZAF zum Thema „Augustinus – Christentum – Judentum“ – Lob für langjährigen Fördervereinsvorsitzenden Dr. Thomas Goppel. Von Markus Hauck

Würzburg (POW) Mit einem Festvortrag von Professor Dr. Martin Ebner, Inhaber des Lehrstuhls für die Exegese des Neuen Testaments der Universität Bonn, ist am Donnerstagabend, 12. November, im Würzburger Jüdischen Gemeindezentrum „Shalom Europa“ der 13. Augustinus-Studientag des Zentrums für Augustinusforschung (ZAF) gestartet. Die zweitägige Veranstaltung steht unter dem Motto „Augustinus – Christentum – Judentum“ und ist dem Landtagsabgeordneten Staatsminister a.D. Dr. Thomas Goppel gewidmet. Professor em. Dr. Cornelius Petrus Mayer, langjähriger wissenschaftlicher Leiter des ZAF, würdigte den langjährigen Vorsitzenden der Gesellschaft zur Förderung der Augustinus-Forschung als den entscheidenden Motor. „Ihm ist es zu verdanken, dass das ZAF im Jahr 2006 als An-Institut der Würzburger Universität angeschlossen worden ist.“ Außerdem verbinde dessen außerordentliche Eloquenz Goppel mit dem Kirchenvater Augustinus, betonte Mayer. Goppel dankte für die Ehre und lobte das Thema des Studientags. „Die heutige theologische Forschung sucht die Gemeinsamkeiten zwischen Juden und Christen. Das ist richtig und wichtig, denn wir sind aufgerufen, uns miteinander in der Welt zu bewähren.“

In seinem Referat untersuchte Ebner die oftmals als judenfeindlich interpretierte harsche Kritik an den Schriftgelehrten und Pharisäern im Matthäusevangelium. Der Exeget deutete die Textstelle als Spiegel für die Autoritäten innerhalb der christlichen Gemeinde: Diese seien prestigesüchtig, stellten schwer zu haltende Vorschriften auf, hielten sich aber selbst nicht dran – und seien zudem nicht bereit, untragbare religiöse Vorschriften zu verändern. „Der Evangelist schildert ‚die anderen‘ – und meint die eigenen Leute.“ Matthäus fordere also die für die Regulierung des religiösen Lebens in der christlichen Gemeinde Zuständigen zur Selbstkritik und zu einer Umkehr in ihrem Verhalten auf: Sie sollten geschwisterlich miteinander umgehen und ethische Entscheidungen treffen, die für die Menschen in ihren konkreten Situationen „brauchbar“ seien. „Der beste Beleg dafür ist für den Evangelisten Jesus selbst, in seinem Verhalten und in seinen religiösen Entscheidungen: ‚Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer‘ ist Jesu Maxime, mit der dieser sich auf den Propheten Hosea beruft“, betonte Ebner.

Nach der Begrüßung durch Bürgermeister Dr. Adolf Bauer, Vorsitzender des Trägervereins des ZAF, wies Professor Dr. Dr. Christof Müller, wissenschaftlicher Leiter des ZAF, darauf hin, dass Augustinus nicht der gehässigste, aber einer der gelehrtesten und einflussreichsten Kritiker des Judentums sei. „Die Tagung dient unter anderem dem Zweck, Spannung und Risse wahrzunehmen – und auszuhalten.“ Dr. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland und als Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde Würzburg und Unterfranken Gastgeber des Abends, betonte, durch das 50. Jubiläum der Konzilserklärung „Nostra Aetate“ über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen sei ein neues Kapitel in den christlich-jüdischen Beziehungen aufgeschlagen worden. Der neue Umgang stehe in einem deutlichen Kontrast zum Blick, den Augustinus einst auf die Juden geworfen habe. Dieser habe sie als wilde und grausame Gottesmörder bezeichnet, die zur ewigen Knechtschaft bestimmt seien. Auch der Reformator Luther habe 1543 in seinem Werk „Von den Jüden und iren Lügen“ einen ähnlichen Duktus vertreten.

Bischof Dr. Friedhelm Hofmann, neuer Vorsitzender des Kuratoriums der Gesellschaft zur Förderung der Augustinus-Forschung, betonte, er sei sehr dankbar für das Thema des Studientags. Es gebe eine Schuldgeschichte des Christentums gegenüber den Juden. Die verhängnisvolle Feindschaft, die bis in das frühe Christentum zurückreiche, habe ihren schrecklichen Höhepunkt in der systematischen Vernichtung der europäischen Juden durch die Nationalsozialisten gefunden. „Ich bin froh, dass die Christen sich heute ihrer inneren Verwandtschaft mit dem Judentum bewusst sind“, erklärte der Bischof. Insbesondere in Deutschland seien diese sich heute ihrer besonderen Verantwortung bewusst. Bischof Hofmann lobte das große Engagement, das insbesondere Papst Johannes Paul II. im Dialog mit den Juden gezeigt habe.

Universitätspräsident Professor Dr. Alfred Forchel bezeichnete in seinem Grußwort das ZAF als lokalen Schatz von Würzburg und „wissenschaftlichen Leistungsträger auf dem Feld der katholischen Theologie“. Für den Bezirk überbrachte Vizepräsidentin Eva Maria Linsenbreder Grüße. Hochschulpfarrer Burkhard Hose, Katholischer Vorsitzender der Gesellschaft für jüdisch-christliche Zusammenarbeit in Würzburg und Unterfranken, betonte, es gehe um die Kontextualisierung des Verhältnisses von Judentum und Christentum. Die an der Stelle der früheren Synagoge errichtete Marienkapelle am Würzburger Markt und das Juliusspital auf dem Gelände des jüdischen Friedhofs wiesen auf dunkle Kapitel der Geschichte hin. „Wichtig ist, dass wir ehrlich und konstruktiv miteinander umgehen.“ Ähnlich äußerte sich der Landtagsabgeordnete Oliver Jörg, Vorsitzender des Arbeitskreises Wissenschaft und Kunst der CSU-Landtagsfraktion: „Uns verbindet viel.“

Für die musikalische Gestaltung des Abends sorgte der Chor „Menora“. Professor em. Dr. Dr. Karlheinz Müller, wissenschaftlicher Leiter des Projekts „Shalom Europa“, führte zum Auftakt des Abends Interessierte durch das gleichnamige Museum.

mh (POW)

Quelle: www.pow.bistum-wuerzburg.de